

Die Bedeutung der Atmung:
Warum spielt die Atmung in der Körperpsychotherapie eine essentielle Rolle?
„… da bildete Gott den Menschen aus Staub vom Erdboden und hauchte in seine Nase Atem des Lebens, so wurde der Mensch eine lebendige Seele.“ – Genesis 2.7
Atmung ist Leben. –
Die Vorstellung, dass Atem gleich Leben ist, ist uralt und wurde bereits in der Schöpfungsgeschichte erwähnt, als Gott den Menschen aus Erde schuf und ihm Leben einhauchte. Bereits hier wird die enge Verbindung zwischen unserem Atem und unserer Seele deutlich. Seelische Regungen spiegeln sich direkt in unserer Atmung wieder und manifestieren sich darüber in unserem Körper. Emotionen sind Gefühle in Bewegung. Gefühle werden durch die Atmung bewegt und ins Fließen gebracht. Wenn wir unsere Atmung anhalten schneiden wir uns automatisch von unseren Emotionen und unseren seelischen Regungen ab. Dafür gibt es viele Beispiele in unserem Alltag und die Umgangssprache ist voll davon:
Da stockte mir der Atem
Da wage ich kaum zu atmen
Du nimmst mir die Luft zum Atmen
Vor Schreck blieb mir die Luft weg
Eine atemberaubende Spannung
Eine atemlose Stille
Eine erstickende Atmosphäre
Da muss ich erst einmal Luft holen
Jemandem etwas husten
Dampf ablassen
Seiner Wut Luft machen
Erleichtert aufatmen
Endlich kann ich wieder frei durchatmen
Auch die Jahrtausende alte Bewegungslehre des Yoga legt großen Wert auf den richtigen Umgang mit der Atmung. Im Yoga geht man davon aus, dass die Atmung den Geist beeinflusst und die Energie in unserem Körper lenkt. Deshalb gibt es im Yoga spezielle Atemtechniken, denen eine eigene Wissenschaft zugrunde liegt, wie man über Atemtechniken bestimmte Energieströme im Körper gezielt aktivieren oder beruhigen kann. Die Atemtechniken im Yoga, auch Pranayama genannt, sind darauf ausgerichtet, den Menschen in ein energetisches Gleichgewicht zu versetzen und den Geist zur Ruhe zu bringen, damit der Mensch sich für meditative Zustände öffnen kann.
Da wir uns selbst jahrelang mit Yoga beschäftigt haben, können wir bestätigen, dass die Pranayamatechniken sehr effektiv auf Körper und Geist einwirken und eine starke Wirkung auf unser Energiesystem und unsere Stimmungen haben. Was uns im klassischen Yoga jedoch fehlt ist der Umgang mit den Emotionen, die durch gezielte Beeinflussung der Atmung geweckt werden können. Wenn bei der Körperarbeit Emotionen auftauchen, ermutigen wir unsere Klienten, diese zuzulassen und in einen lebendigen ganzkörperlichen Ausdruck zu bringen. Starke unterdrückte Gefühle wie Wut, Schmerz oder Verzweiflung können sich dabei auch in kathartischen Prozessen entladen, was zur Folge hat, dass angestaute Energien sich lösen und dem Organismus wieder zur Verfügung stehen. Wenn wir unsere Emotionen unterdrücken oder wegmeditieren, dann unterdrücken wir unsere Lebendigkeit und unsere Energie. Energie kann niemals verloren gehen oder sich in Nichts auflösen, sie kann aber gewandelt werden.
Die Physiologie der Atmung
Damit Du nachvollziehen kannst, warum die Atmung so eine wesentliche Rolle in der Körpertherapie spielt, ist es wichtig zu verstehen, wie genau die Atmung unseren Körper, unseren Geist und unsere Gefühle unmittelbar beeinflussen kann. Die Atmung ist sehr eng mit unserem vegetativen Nervensystem, bestehend aus Sympathikus und Parasympathikus, verbunden. Das vegetative Nervensystem reguliert alle unwillkürlichen Prozesse in unserem Körper, also auch unsere Atmung. Somit funktioniert die Atmung völlig autonom ohne unser Zutun. Da wir die Atmung aber in starkem Maße auch willentlich beeinflussen können, bildet unsere Atmung eine Brücke zwischen den unwillkürlichen und den willkürlichen Prozessen in unserem Körper. Deshalb können über die willentliche Beeinflussung der Atmung auch alle unwillkürlichen Prozesse in unserem Körper beeinflusst werden, so wie alle unwillkürlichen Prozesse sich direkt auf die Atmung auswirken. Unsere Einatmung aktiviert den Sympathikus und sorgt für eine höhere Energieladung, während die Ausatmung den Parasympathikus aktiviert und für Entspannung sorgt.
Die natürliche Atmung
Da die Atmung so stark auf das Vegetativum einwirkt, hat die Atemarbeit eine wichtige Schlüsselfunktion in der Körperpsychotherapie. Zu Beginn einer körpertherapeutischen Sitzung ist es wichtig, den Klienten darüber zu informieren, was wir unter einer natürlichen Atmung verstehen:
Die Einatmung ist ein aktiver Prozess des Körpers. Wir atmen aktiv Lebensenergie (Prana und Orgon) ein, indem wir zuerst in den Bauch atmen und dabei den Bauch herausbringen. Dann ziehen wir die Luft nach oben in den Brustkorb bis unter die Schlüsselbeine und lassen den Brustkorb dabei weit werden.
Die Ausatmung ist ein passiver Prozess, der praktisch von selbst geschieht, wenn wir den Bauch und die Rippenmuskulatur loslassen und entspannen. Mit dem Entspannen der Atemmuskulatur entweicht die Atemluft von alleine aus dem Körper.
Eine bewusst ausgeführte Bauchatmung ist eine fühlende, erdende Atmung. Sie bringt uns also in Kontakt mit unseren Gefühlen und gleichzeitig erdet sie uns.
Mit einer bewussten tiefen Atmung erzeugt der Klient Ladung und energetisiert sich. Da wir im Alltag oft unbewusst den Atem anhalten oder viel zu flach atmen, wenn wir von beunruhigenden oder angstmachenden Gefühlen bewegt werden, ist es wichtig, dem Klienten Übungen für die Integration in den Alltag mitzugeben, die ihm ermöglichen, emotionale Aufmerksamkeit in die Atmung hinein zu bringen. Es ist für den Klient wichtig zu verstehen, dass die Atmung nicht nur der Sauerstoffzufuhr zum Gehirn dient, sondern eben auch in direkter Verbindung mit den Emotionen und dem vegetativen Nervensystem steht.
Merke:
Einatmung = Sympathikus = Energetische Aufladung und Kontraktion
Ausatmung = Parasympathikus = energetische Entladung und Entspannung